Quelle : Ovesco
Nur wenige Krankenhäuser in Deutschland führen die Vollwandresektion bereits durch, darunter beispielsweise Ludwigshafen und Tübingen. Jetzt kommt das neue Verfahren auch in Hessen zum Einsatz. "Vor zwei Monaten haben wir den ersten Patienten behandelt. Mit Erfolg", sagt Professor Carl Christoph Schimanski, Direktor der Medizinischen Klinik II des Klinikums Darmstadt.
Eingriff ist für Patienten weniger belastend
In einem Intensivtraining hat der Facharzt den Umgang mit dem neuen Gerät gelernt und ist überzeugt: "Dieses Verfahren schließt eine therapeutische Lücke. Vielen Krebs-Patienten bleibt damit zukünftig eine aufwändige Operation mit Bauchschnitt und Vollnarkose erspart." Möglich wird das durch einen speziellen Aufsatz, der auf dem Endoskop für die Darmspiegelung befestigt wird.
Es handelt sich hierbei um eine Kappe, "Full-Thickness Resection Device" (FTRD) genannt. In ihr befindet sich zum einen eine Greifzange, mit deren Hilfe der betroffene Abschnitt der Darmschleimhaut in die Kappe hineingezogen und fixiert wird. Zum anderen ist in der Kappe eine Titan-Klammer zu finden, die die gesunde Darmschleimhaut hinter dem Tumor fest verschließt.
"Sie müssen sich das ein bisschen wie ein Haifischmaul vorstellen", erklärt Schimanski. "Die einzelnen Zähne der Klammer greifen fest ineinander und verhindern so die Entstehung einer größeren Wunde sowie starke Blutungen." Erst im letzten Schritt wird die bösartige Geschwulst abgetrennt.
Beruhigungsmittel statt Vollnarkose
Etwa 90 Minuten später hat der Patient den Eingriff überstanden. Wie bei der normalen Darmspiegelung auch, reicht ein Beruhigungsmittel aus. Um mögliche Infektionen zu verhindern, kommt ein Antibiotikum zum Einsatz.
"Da jeder medizinische Eingriff auch Risiken birgt, behalten wir die Patienten noch zwei Tage zur Beobachtung bei uns", erklärt der Experte. Danach kann der Patient in der Regel das Krankenhaus verlassen. Einige Wochen später wird die Klammer unbemerkt wieder ausgeschieden.
Auch die Vollwandresektion kommt an ihre Grenzen
Die an den Eingriff anschließende Untersuchung des entnommenen Gewebes zeigt, ob weitere Eingriffe notwendig sind. "Die Darmschleimhaut besteht aus fünf Schichten", erklärt Schimanski. "Ist der Tumor in den ersten beiden Schichten zu finden, kann er mit dem FTRD meist vollständig entfernt werden. Ist er aber bereits tiefer in das Gewebe gewachsen, muss nachoperiert werden."
Auch wenn der Krebs größer als drei Zentimeter ist oder sich bereits Metastasen gebildet haben, kommt das Endoskop an seine Grenzen.
Wer von dem neuen Verfahren profitiert
Trotz der Vorteile: Komplett ablösen wird die neue Technik weder die klassische OP noch die herkömmliche Darmspiegelung. Bei 90 Prozent der Untersuchungen reicht laut dem Experten das normale Endoskop mit der Schlinge aus. Wird ein Polyp entdeckt, wird dieser abgetrennt und die entstandene Wunde heilt von selbst wieder ab.
Interessant ist das Verfahren besonders für die zehn Prozent, bei denen der Polyp entweder sehr flach ist und sich mit der Schlinge nicht greifen lässt oder wenn er bereits zum sogenannten Früh-Krebs übergegangen ist. Dann nämlich reicht das oberflächliche Abtragen nicht mehr aus.
Früherkennung: Stuhlprobe und Darmspiegelung nutzen
Damit harmlose Polypen frühzeitig erkannt und entfernt werden können, bevor sie mutieren, sind Früherkennungsmaßnahmen wie der Stuhltest ab 50 und die Darmspiegelung ab 55 von großer Wichtigkeit.
"Jedes Jahr erkranken etwa 70.000 Menschen an Darmkrebs. 65.000 könnte man davor bewahren, würden die Früherkennungsmaßnahmen genutzt werden", betont Schimanski.
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