FORSCHUNG
Darmkrebs-Vorsorge lässt viele kalt
08.04.2016
Je früher der Darmkrebs erkannt wird, desto besser ist er natürlich heilbar“, sagt Prof. Jörg Fahlke. Foto: Volker Langner
Warum stößt die Darmspiegelung als Mittel der Krebsfrüherkennung nur auf ein geringes Interesse?
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Stendal l „Darmkrebs ist zu hundert Prozent verhinderbar“, macht Prof. Jörg Fahlke deutlich. Und der Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie (Bauchchirurgie) des Johanniter-Krankenhauses Genthin-Stendal fügt an: „Wenn alle brav zur Vorsorge gehen.“ Doch die Realität sieht anders aus: Von den rund 20 Millionen Bundesbürgern die Anspruch auf die Untersuchung zur Früherkennung von Darmkrebs haben, also auf eine Darmspiegelung, haben sie lediglich 4,2 Millionen Versicherte – Zahlen für Sachsen-Anhalt wurden bislang nicht erho- ben - in Anspruch genommen und damit lediglich 18 Prozent.
Aus welchem Grund wird die Möglichkeit einer Darmspiegelung, die gesetzlich Versicherten ab dem 55. Lebensjahr offen steht, nicht genutzt? Um diese Frage zu beantworten, hat das Land Sachsen-Anhalt ein Forschungsprojekt zum Thema „Demographischer Wandel und Alterung im ländlichen Raum“ in Auftrag gegeben. Mit an Bord ist die Stendaler Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie. Sie untersucht einen Teilbereich, der sich mit Darmkrebsvorsorge und Darmkrebsnachsorge im ländlichen Raum befasst.
Zusammenarbeit mit Praxen
„Um neben Patienten mit einer Krebserkrankung des Darmes auch Patienten, bei denen die Entstehung einer Darmkrebserkrankung durch eine Vorsorgekoloskopie (Darmspiegelung - Anm. d. Red.) verhindert werden konnte, mit in das Forschungsprojekt einzubeziehen, wird dieses Teilprojekt in Zusammenarbeit mit der gastroenorologischen Praxis von Dr. Manfred Urban in Stendal und der Gemeinschaftspraxis von Dr. Jörg Schulze, Dr. Michael Schwerdtfeger und Dr. Andrei Lehmann in Jerichow erfolgen“, berichtet Oberarzt Dr. Kai Stephan Friedrichs.
Das Darmkrebszentrum im Krankenhaus sowie die beiden Praxen bitten ihre Patienten um Auskunft. Zwei Gruppen stehen dabei im Fokus. Zum einen wollen die Mediziner von den Personen, die das Vorsorgeangebot nutzen, unter anderem erfahren, welche Motivation sie haben und welche Probleme sich ergeben haben. Zum anderen möchten sie von an Darmkrebs Erkrankten wissen, ob sie an der Vorsorge teilgenommen haben. Falls nicht, ist von Interesse, warum nicht.
Angst vor der Diagnose Krebs?
Ein Grund für eine „mangelnde Akzeptanz“, wie es Kai Stephan Friedrichs umschreibt, könnten in der relativ dünn besiedelten Altmark möglicherweise in der schlechten Erreichbarkeit der Praxen liegen, in denen Darmspiegelungen vorgenommen werden, oder weiten Fahrtwegen geschuldet sein. Auch schlicht und einfach Angst vor der Untersuchung und einer Krebsdiagnose könnten Frauen und Männer abschrecken, gibt Jörg Fahlke zu bedenken.
Das Forschungsprojekt läuft über das gesamte Jahr 2016. Danach wird es ausgewertet, können Schlüsse gezogen, Maßnahmen eingeleitet werden. Ein Gedankenspiel erlaubt sich Kai Stephan Friedrichs schon einmal: „Wenn der Patient vom Lande nicht zum Facharzt kommt, dann könnte der mit einem Arztmobil aufs Land kommen.“ Aber auch eine grundsätzliches Frage könnte im Ergebnis des Projektes gestellt werden: Wie sinnvoll ist die Vorsorge, wenn sie nicht akzeptiert und von zu wenigen genutzt wird.
Jörg Fahlke indes denkt in die andere Richtung Darmkrebs entstehe zu einhundert Prozent aus Polypen, die man sich als Schleimhautknospen vorstellen kann. Sie würden keine Beschwerden bereiten, aber bei einer Darmspiegelung erkannt werden. „Je früher der Darmkrebs erkannt wird, desto besser ist er natürlich heilbar“, sagt der Chefarzt.
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